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08.11.2010 09:13

Umweltstörungen führen bei Pflanzen zu genetischer Verarmung

Natürliche Pflanzengemeinschaften sind heute immer häufiger Umweltstörungen ausgesetzt, die lokale Populationen auslöschen können. Umweltwissenschaftler und Pflanzengenetiker der Universität Zürich untersuchten in einem mehrjährigen Versuch Populationen der einjährigen Pflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) in Modell-Landschaften. Sie konnten aufzeigen, dass häufige Störungen die genetische Variation in den Populationen bereits nach wenigen Generationen massiv reduzieren und zahlreiche Genotypen ausgerottet werden. Die Erkenntnisse sind im Hinblick auf die immer häufigeren von Menschen verursachten Störungen in Naturlandschaften und deren Ökosystemdienste besorgniserregend.


Wettbewerb und Umweltstörungen: Bei Pflanzen wirken diese beiden als starke Selektionskräfte, die den Verlauf der evolutionären Entwicklung mitbestimmen. Sind Störungen selten, ist die Pflanzendichte gross und der Wettbewerb intensiv. Häufige Störungen dagegen führen zu einer Umwelt mit geringer Pflanzendichte und schwachem Wettbewerb. Bei häufigen Störungen ist es für die Pflanze entscheidend, ob sie in der Lage ist, ihre Samen weiträumig zu verbreiten. Eine interdisziplinäre Forschungsgruppe unter der Leitung der UZH-Forschenden Ueli Grossniklaus, Bernhard Schmid und Lindsay Turnbull untersuchte erstmals, wie genau sich Wettbewerb und Umweltstörungen auf die genetische Vielfalt einer Pflanzenart auswirken. Für ihre eben in PNAS veröffentlichte Studie kombinierten die Wissenschaftler ökologische Techniken und neueste Möglichkeiten der Genanalyse.

Genetische Vielfalt nach wenigen Generation reduziert
Für ihre Fragestellung pflanzten die Forscher Modell-Landschaften mit besiedelbaren Inseln mit verschiedenen genetischen Varianten der einjährigen Modellpflanze Arabidopsis thaliana an. Das vollständige Genom von Arabidopsis thaliana – Ackerschmalwand – wurde vor einigen Jahren vollständig entschlüsselt und es stehen daher neueste Methoden der Genomforschung zur Verfügung. Die Forscher erzeugten statische und dynamische Landschaften. In den statischen Landschaften blieben die Inseln unberührt. In den dynamischen Landschaften dagegen wurden sie nach jeder Pflanzengeneration zerstört und an anderen Orten neu angelegt. Überleben konnten somit nur Varianten, die in der Lage waren, ihre Samen an diese neuen Orte auszubreiten. Nach fünf Generationen der Selektion untersuchten die Wissenschaftler die phänotypische, genetische und genotypische Diversität der insgesamt 24 Populationen.

Die genetischen Analysen belegen, dass Umweltstörungen hoch potente Selektionskräfte sind und die genetische Vielfalt von ganzen Populationen innerhalb von wenigen Generationen drastisch reduzieren können. Im Vergleich dazu wirkte sich Konkurrenz als Selektionskraft weitaus schwächer aus: Gemeinschaften mit starker Konkurrenz bewahrten die grössere genetische Vielfalt.

«Der Verlust an genetischer Vielfalt folgt einem klaren Muster,» erläutert Lindsay Turnbull die weiteren Resultate ihrer Pionierarbeit: War Konkurrenz die vorherrschende Selektionskraft, wurde zu Gunsten von schnell wachsenden Genotypen selektioniert. Diese erwiesen sich somit innerhalb der Art als erfolgreichste Konkurrenten. Erfolgreiche Konkurrenten nutzen Licht und Nährstoffangebote am besten aus. Bei häufigen Störungen dagegen dominierten bei Versuchsende zwei sich genetisch sehr ähnliche, hoch wachsende Genotypen mit kleinen Samen: Sie konnten ihre Samen weit verbreiten und so auf neue, ungestörte Inseln ausweichen. Auf der Strecke blieben jetzt die schnell wachsenden Genotypen, da bei erfolgreichen Konkurrenten die Ausbreitung der Samen meist gering ist.

Besorgniserregende Konsequenzen
Die Studie zeigt, dass bei genügender genetischer Variationsbreite Populationen durchaus in der Lage sind, sich unerwartet schnell an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Doch die schnelle Anpassung hat ihren Preis: Wertvolle Genvariationen können unwiederbringlich verloren gehen. Der Verlust an genetischer Vielfalt schränkt die Bandbreite ein, auf künftige Veränderungen reagieren zu können.

Wiederholte Umweltstörungen könnten aber auch dazu führen, dass nicht nur Genotypen oder Arten verloren gehen, sondern dass dadurch auch die Leistungsfähigkeit der Ökosysteme abnimmt. Die Forscher stufen diese Erkenntnis in Anbetracht der Häufigkeit von durch Menschen verursachte Störungen in Naturlandschaften als besorgniserregend ein.


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